Nach Kalkutta und Bodh-Gaya haben wir einige Tage in Varanasi, auch Benares genannt, verbracht. Varanasi liegt am Ganges und ist die heiligste Stadt der Hindus. Bei einem Bad im Ganges werden Sünden weggewaschen. Alte Leute kommen hierher, um auf den Tod zu warten. Denn wer in Varanasi stirbt, erlangt Moksha, Erlösung vom ewigen Kreise der Wiedergeburt. Besonders auffällig sind die öffentlichen Kremationen am Ufer des Ganges. 24 Stunden am Tag werden auf Holzhaufen, die Grösse des Haufens und die Art des Holzes gibt scheinbar Aufschluss über den Status der Familie, Verstorbene verbrannt. Ich möchte hier nicht auf allzu viele Details eingehen, kann jedoch nur sagen, dass auf Diskretion, bzw. Privatsphäre, nicht viel Wert gelegt wird, und man so ziemlich alles sieht und riecht. Der erste Tag in Varanasi war deshalb sehr anstrengend. Nachts verfolgen einen die Eindrücke und Bilder des Tages.

Nach einem kurzen Abstecher zum Taj Mahal ging’s dann weiter nach Rajastan, ein Bundesstaat im Westen Indiens an der Grenze zu Pakistan. Überwältigende Forts und Wüstenlandschaften prägen diese märchenhafte Provinz. Ein besonders grosses Fort befindet sich in Jodhpur. Man steht vor der Festung und ist schlicht und einfach erschlagen von der massiven Gewaltigkeit dieses Gebäudes. Nicht ein Mal in seiner langen Geschichte wurde es eingenommen, trotz Angriffen und Belagerungen mit Elefanten-Armeen und später Kanonen. Gleichzeitig ist es heute auch ein Symbol für die Vergänglichkeit aller Dinge und die Veränderungen, welche die Zeit mit sich bringt. Was früher ein Objekt beinahe unbegrenzter Macht und Stärke war, ist heute, militärisch gesehen, nutzlos, und dient lediglich als Museum.

Von Udaipur aus haben wir einen Tagesausflug zum Jain Tempel von Ranakpur und dem Khumbalgar Fort gemacht. Unser Fahrer im Taxi war sehr sportlich unterwegs. Er erklärte uns, dass es hier üblich sei, das „Chicken Game“ zu spielen. Wenn zwei Autos auf der einspurigen Strasse einander entgegen kommen, ist es das Ziel, als letzter auszuweichen. Es sei bloss ein Spiel, meinte er. Beim zweiten Auto hat es uns dann prompt den Seitenspiegel abgeschlagen, weil wir das frontal entgegenkommende Fahrzeug berührt hatten. Wenn uns gerade kein Auto entgegenkam, zeigte er uns, beide Hände nicht am Steuer habend, wie man zu indischer Musik tanzt. Zudem überholte er jedes Auto, welches vor uns fuhr. Als uns dann jedoch ein Auto überholte, wurde er fuchsteufelswild und verfolgte das andere Auto hupend und schreiend. Das andere Auto habe nicht gehupt, bevor es uns überholte, erklärte er uns.